Mitarbeiterüberwachung durch Arbeitgeber und ihre Grenzen

Einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstitutes Harris Interactive zufolge machen rund zehn Prozent der deutschen Arbeitnehmer gelegentlich blau.

Oft gilt dies als Kavaliersdelikt, Juristen sprechen jedoch von Lohnfortzahlungsbetrug im Krankheitsfall: eine Straftat, genau wie Wirtschaftsspionage, Diebstahl oder Abrechnungsbetrug.

Nicht selten bedeutet dies für den Arbeitgeber einen erheblichen finanziellen Schaden. Allerdings braucht es im Verdachtsfall Beweise, nur dann kann und darf er gegen Arbeitnehmer vorgehen.

Welche Möglichkeiten sich Arbeitgebern hinsichtlich der Überwachung ihrer Mitarbeiter bieten und welche Grenzen sie hierbei beachten müssen, erläutern die Fachanwälte für Arbeitsrecht der Rechtsanwaltskanzlei Croset und Marcus R. Lentz, Geschäftsführer der bundesweit tätigen Detektei Lentz & Co. GmbH.

Blaumachen auf Krankenschein gilt für viele immer noch als Kavaliersdelikt.

Begeht ein Angestellter allerdings nachweislich Lohnfortzahlungsbetrug, drohen ihm eine Abmahnung, die fristlose Kündigung und möglicherweise ein Strafverfahren wegen Betrugs. Ähnliches gilt, wenn ein Arbeitnehmer Arbeitszeitbetrug oder Abrechnungs- und Spesenbetrug begeht.

Auch das sind Straftaten zulasten des Arbeitgebers und ein Grund für eine verhaltensbedingte, fristlose Kündigung.

Das gilt selbst dann, wenn es sich um kleinere Verstöße handelt: Das Landesarbeitsgericht Hessen bestätigte die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der seine Pause mehrfach unter Umgehen der Arbeitszeiterfassung verlängert hatte (LAG Hessen, 17.02.2014 – 16 Sa 1299/13). Das Gericht folgte der Argumentation des Arbeitgeberanwaltes, dass aufgrund des Vertrauensbruchs eine Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber unzumutbar sei.

Detekteien zur Mitarbeiterüberwachung

Die Beweislast für ein solches Fehlverhalten liegt allerdings beim Arbeitgeber.

Inzwischen werden in solchen Fällen häufig Detekteien mit der Überwachung von Mitarbeitern beauftragt. Marcus Lentz berichtet, dass seine Wirtschaftsdetektei am häufigsten in Fällen von Lohnfortzahlungsbetrug im Krankheitsfall ermittelt: Pro Jahr seien es rund 400 bis 500 Fälle, in knapp 90 Prozent davon werde der Verdacht der Arbeitgeber bestätigt.

Als Faustregel für die Mitarbeiterüberwachung gilt: Der Arbeitgeber muss einen konkreten Tatverdacht gegen einen bestimmten Mitarbeiter und ein berechtigtes Interesse an der Aufklärung haben. Dann darf er auch persönliche Daten von Arbeitnehmern wie Name oder Adresse an Dritte weitergeben.

Datenschutz und der Schutz der Privatsphäre setzen der Mitarbeiterüberwachung allerdings enge Grenzen. So unterliegt das Abhören von Telefonen dem Fernmeldegeheimnis und ist deshalb auch am Arbeitsplatz zunächst einmal verboten. Videoüberwachung ist nur unter bestimmten Umständen zulässig, das Mitlesen von privaten E-Mails grundsätzlich nicht erlaubt.

Wann ein Detektiveinsatz zulässig ist, regeln die Gesetze nicht eindeutig.

Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte wertet eine heimliche Beobachtung von Arbeitnehmern durch Privatdetektive regelmäßig als schwerwiegenden Eingriff in das grundgesetzlich garantierte Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG).

Solche Eingriffe müssen stets durch schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein – zum Beispiel dem Schutz seines Eigentums. Mitarbeiter pauschal zu überwachen ist nicht erlaubt.

Und auch bei konkretem Verdacht sind Überwachungsmaßnahmen nur gerechtfertigt, wenn kein milderes Mittel zur Überführung des Verdächtigen existiert. Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, besteht ein prozessuales Beweisverwertungsverbot.

Aufgrund der ernsthaften rechtlichen Konsequenzen für Arbeitnehmer setzen die Arbeitsgerichte hier völlig zu Recht hohe Hürden. Die Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht ist daher sinnvoll.

Überwachung ohne triftigen Verdacht oder Beobachtungen etwa zur sexuellen Orientierung eines Angestellten sind nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch rechtlich unzulässig.

Detektei-Geschäftsführer Lenz betont, dass seriöse Ermittler die Rechtslage kennen und in Zweifelsfällen deshalb angemessen reagieren. Die Ermittlungsbefugnisse von Detektiven, die im Auftrag von Arbeitgebern handeln, sind grundsätzlich durch allgemeine zivil- und strafrechtliche Grenzen beschränkt.

Sie dürfen weder Hausfriedensbruch begehen (§ 123 StGB) noch beispielsweise durch heimliche Beobachtungen in der Wohnung eines Arbeitnehmers feststellen, ob dieser tatsächlich krank ist.

Bei der Observation von Dienstreisenden dürfen Detektive keine illegalen technischen Hilfsmittel wie GPS-Tracker am Auto oder Spionage-Tools auf dem Smartphone nutzen. Mit unzulässigen Methoden erbrachte Beweise sind vor Gericht in der Regel auch nicht verwendbar.

Überwachungsmaßnahmen ohne konkreten Verdacht müssen Sie sich nicht gefallen lassen. Das gilt auch für Eingriffe in Ihre Persönlichkeitsrechte durch Ihren Arbeitgeber, etwa die Überwachung Ihrer privaten Kommunikation und Lebensführung.

Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Arbeitgeber Überwachungsmaßnahmen durchführen lässt, sollten Sie umgehend bei einem auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt Rat suchen. Ein Spezialist für Arbeitsrecht kann mehrere Tausend Euro Schadensersatz erzielen. Gerade bei unerlaubter Videoüberwachung sind die Gerichte mitunter großzügig.

Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kann Ihnen nicht nur sagen, ob die Überwachung überhaupt gerechtfertigt ist. Er berät Sie auch, wenn es – wie in solchen Situationen absehbar – zu einer Abmahnung oder Kündigung kommt. Gerade in solchen Fällen begehen Arbeitgeber häufig juristische Fehler, so dass erfolgreiche Gegenwehr möglich ist.

Grundsätzlich sind Überwachungsmaßnahmen gegen Arbeitnehmer nur bei begründetem Verdacht gestattet, und nur dann, wenn kein milderes Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts existiert.

Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Arbeitnehmer Krankschreibung und Lohnfortzahlung rechtswidrig ausnutzt, um etwa einem Zweitjob nachzugehen, dann müssen Sie das nicht hinnehmen. Sie sollten aber von vornherein darauf achten, dass sämtliche Maßnahmen zur Aufklärung auch wirklich gerichtsfeste, verwertbare Beweise liefern.

In Unternehmen mit Betriebsrat ist der Einsatz technischer Mittel zur Überwachung der Arbeitnehmer mitbestimmungspflichtig. Die Abgrenzungsfragen etwa zur Stichhaltigkeit des Verdachts oder zur Abwägung der Grundrechte und schutzwürdigen Interessen sind juristisch hochkomplex.

Es empfiehlt sich dringend, jede Überwachungsmaßnahme durch einen versierten Fachanwalt für Arbeitsrecht begleiten zu lassen, damit diese kostenintensiven Schritte auch wirklich zum Erfolg führen. Hierbei ist unbedingt Vorsicht geboten: Überwachen Sie einen Mitarbeiter ohne triftigen Grund, machen Sie sich als Unternehmer schadensersatzpflichtig.

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